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Interview mit Christian Wolf, Turck

"Industrie 4.0 spielt uns in die Hände."

Wohin geht die Reise der klassischen Steuerung in Zeiten von Industrie 4.0? Trends zeigen zwei Richtungen auf: einerseits in Richtung Cloud und andererseits in die entgegengesetzte Richtung - näher heran an die Feldgeräte. Warum der Automatisierungsanbieter Turck schon seit Längerem auf dezentrale Steuerungstechnik und verteilte Intelligenz setzt, erklärt Geschäftsführer Christian Wolf im Gespräch mit dem SPS-MAGAZIN.

Kompakte IP67-Steuerung mit Codesys 3

Mit seiner Codesys-3-Steuerung TBEN-PLC präsentiert Turck eine kompakte Block-I/O-SPS zur Steuerung von kleineren oder modularen Maschinen direkt im Feld. Sie ist robust sowie IP67-tauglich und ermöglicht so schaltschranklose Maschinen und Anlagen. Dazu bietet die SPS eine Vielzahl an Kommunikationsschnittstellen: Als Master unterstützt das Gerät neben Profinet, Ethernet/IP und Modbus TCP auch Modbus RTU, CANopen und SAE J1939. Die seriellen RS232- und RS485-Schnittstellen können ebenfalls frei in Codesys verwendet werden. Daneben bietet die Block-I/O-Steuerung acht I/O-Kanäle zur direkten Anbindung von Sensoren und Aktoren. In den Ethernet-Netzwerken Profinet, Ethernet/IP und Modbus TCP sowie in Modbus RTU- und CANopen-Netzen kann TBEN-PLC auch als Slave (bzw. Device) agieren, was den Einsatz als Protokollkonverter ermöglicht. Die Steuerung kann beispielsweise als CANopen-Manager eines Maschinenmoduls agieren und dieses an eine Profinet-Anlage anbinden. Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Industrie lassen sich so bestehende Maschinenkonzepte fit machen für die Herausforderungen einer eng vernetzten, hochflexiblen Produktion. In Kombination mit den Safety-Block-I/O-Modulen und der übrigen IP67-I/O-Technik von Turck lassen sich komplette Maschinen inklusive Sicherheitstechnik ohne Schaltschränke realisieren.

Turck hat einige Lösungen für die dezentrale Steuerung von Automatisierungsanwendungen im Programm. Welche Strategie steht dahinter, Herr Wolf?

Christian Wolf: Wir sind mit unserem Steuerungsportfolio - genauso wie mit der Feldbustechnik und RFID - insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau bzw. OEM-Geschäft sehr stark. Also dort, wo der Wunsch nach dezentraler Intelligenz ausgesprochen groß ist. Für diese Zielmärkte bieten wir mit unseren feldtauglichen Produkten und Lösungen in IP67 eine sehr hohe Passfähigkeit - genau das ist die DNA von Turck. Mit unseren neuen Codesys-kompatiblen Steuerungsmodulen der Serie TBEN PLC gehen wir in dieser Ausrichtung nun einen nächsten Schritt. Denn in immer mehr Applikationen wird SPS-Intelligenz ins Feld verlagert und deshalb benötigen unsere Kunden entsprechende Produkte im IP67-Formfaktor, die Steuerungsaufgaben lokal übernehmen. Das ist der Markt, den wir verstehen - hier ist Turck mit seinem Angebot zu Hause und seit Jahren etabliert.

Wie steht es um das klassische IP20-Steuerungsgeschäft? Sehen Sie hier auch Potenzial?

Wolf: In diesem Segment werden wir vorerst nicht als Steuerungsanbieter einsteigen. Denn dieser Markt ist heute bereits dicht besetzt und die Anteile eigentlich längst fest vergeben. Mit unseren dezentralen SPS-Lösungen besetzen wir hingegen ein alternatives, sehr attraktives Marktsegment, in dem wir uns auskennen und sehr gut positionieren können.

Der Fokus von Turck bleibt auf dem IP67-Bereich?

Wolf: So ist es - auf Steuerungsseite genauso, wie bei Sensorik und Feldbustechnik. Wir decken den IP67-Strang vollständig und ganzheitlich ab. Mit diesem Leistungsspektrum gibt es keinen zweiten Anbieter auf dem Automatisierungsmarkt.

Aber es gibt doch sicherlich auch bei Turck noch Produktbereiche, die Sie zukünftig erweitern oder ergänzen wollen?

Wolf: Ja sicherlich. Wir wollen uns z.B. in der Sensorik noch breiter aufstellen sowie auch Leistung und Vielfalt bei unseren Steuerungen ausbauen. Aber wir sind hardwareseitig mit unserem heutigen Produkt-Set-Up im Prinzip bereits sehr gut aufgestellt. Zukünftig wird es also immer mehr darum gehen, welche Engineering-Dienstleistungen wir noch bieten können und wie breit Turck softwareseitig aufgestellt ist.

In welchem Verhältnis steht das heutige Leistungsspektrum von Turck zu dem des Wettbewerbes?

Wolf: Turck hat sich über die Zeit anders entwickelt als seine Marktbegleiter. Die Wettbewerber im Bereich der Sensorik haben allesamt ihren klassischen Fokus auf der Sensorik behalten und bieten abseits von AS-i und IO-Link in der Regel überhaupt keine Feldbustechnik an. Da ist unser Angebot z.B. für Profinet eindeutig ein USP. Dieser Ansatz zahlt sich genauso bei unseren RFID-Lösungen aus, denn der Anwender bekommt von Turck nicht nur die Schreib/Leseköpfe, sondern mit dem passenden Interface-Modul auch die Steuerungsintelligenz und Schnittstellen, die er im Feld benötigt. Entsprechend oft entscheiden sich Anwender für Turck-RFID-Lösungen, weil wir die Bereiche Infrastruktur und Kommunikationen besser beherrschen als klassische Sensorhersteller. Diese Kompetenz wollen wir weiter ausbauen. Auf Interface-Seite kommen die großen Anbieter auf dem Markt meistens aus dem IP20-Segment. Hier können wir uns bei entsprechenden Anforderungen des Kunden gut mit unserem IP67-Know-how und -Angebot behaupten.

Wenn man die aktuellen technologischen Entwicklungen beobachtet, dann zeichnet sich ja ab, dass mit einer zunehmenden Dezentralisierung der Steuerungsintelligenz auch mehr IP67-Equipment gebraucht wird. Sehen Sie das auch so?

Wolf: Ja, ich glaube auch, dass es in Zukunft immer öfter weg von zentralen Schaltschränken geht - hin zu verteilter Intelligenz im Feld. Allein die Möglichkeiten der Miniaturisierung in Sachen Elektronik und Rechenleistung tragen dazu bei, dass Steuerungen viel besser in der Feldebene genutzt werden können. Folglich spielen uns die Trends von Industrie 4.0 strategisch in die Hände.

Und weil Sie selbst keinen Fokus auf IP20-Komponenten haben, zu dessen Lasten diese Entwicklung geht, können Sie dem Trend gelassen entgegensehen?

Wolf: Genau. Wir haben aus unserer Sicht durch diese Entwicklung nichts zu verlieren, sondern können nur beim dezentralen Geschäft dazu gewinnen. Deswegen kommt uns diese Evolution entgegen und trägt dazu bei, dass das Unternehmen Turck entsprechend zukunftsfähig aufgestellt ist.

Wird dadurch im Umkehrschluss die Steuerungstechnik in Hinsicht auf die Gewichtung im Hause Turck zulegen?

Wolf: Das kann durchaus sein. Wir beobachten, wohin der Trend geht, und sehen, dass wir hier ein gutes Geschäft generieren können - aus meiner Sicht durchaus marktentscheidend. Aber die erwarteten Wachstumsraten müssen sich erst einmal in der Praxis bestätigen.

Hans Turck GmbH & Co. KG

Dieser Artikel erschien in www.i40-magazin.de 2017 - 02.01.17.
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