Zukunftskonzept MES 4.0
Dezentrale Regelkreise synchronisieren
Auf dem Weg ins Industrie 4.0-Zeitalter stehen Fertigungsunternehmen vor der Herausforderung, die wachsende Komplexität zu bewältigen und gleichzeitig effizienter zu werden. Dezentralität in der Organisation ist hierfür ein zielführender Ansatz. Ohne ein zentrales System zur Synchronisation dezentraler Regelkreise wird das allerdings kaum funktionieren. In seinem Zukunftskonzept MES 4.0 zeigt MPDV Mikrolab, wie Manufacturing Execution Systeme diese Aufgabe übernehmen können.
Mit dem Zukunftskonzept MES 4.0 konsolidiert der Anbieter von Manufacturing Execution-Systemen MPDV aktuelle Anforderungen der Industrie 4.0 an die Fertigungs-IT. Aus den bisher behandelten Handlungsfeldern Mobilität, Flexibilität, Unified Shopfloor Connectivity und Management Support sind bereits praxisnahe Produkte entstanden wie die mobilen Smart MES Applications (SMA), die universelle Maschinenschnittstelle UMCM und die neue Version des Kennzahlensystems MES-Cockpit. Aktuell beschäftigt sich der Anbieter mit dem Handlungsfeld Dezentralität und analysiert dabei unterschiedliche Aspekte mit Blick auf Technologie, Anwendung und Organisation. Seit jeher stehen unter der Überschrift Industrie 4.0 hauptsächlich informationstechnologische Schlagworte wie Cloud Computing, Big Data, Internet der Dinge oder Cyber-Physical Systems (CPS). Unter anderem soll damit ausgedrückt werden, dass Industrie 4.0 für Dezentralisierung steht.
Technologischer Lösungsansatz
Auch Computer Integrated Manufacturing (CIM) verfolgte in den 1980er Jahren einen technologischen Ansatz. Dieser scheiterte letzten Endes daran, dass es für die neuen Technologien keine Anwendungen gab beziehungsweise die damaligen Herausforderungen mit der neuen Technologie auch nicht gelöst werden konnten. All das wird mit Industrie 4.0 besser - so zumindest der Plan. Zwar versuchen viele Technologieanbieter unter dem mittlerweile etablierten Trendthema Industrie 4.0 ihre Innovation zu vermarkten. Aber das wahre Potenzial steckt in der Organisation und der Anwendung selbst.
Zentrale Steuerung stößt an Grenzen
Eine Flexibilisierung von Prozessen und damit die Erweiterung der Möglichkeiten wird voraussichtlich mit einer Dezentralisierung einhergehen müssen, da die Komplexität einer zentralen Steuerung ab einem Punkt nicht mehr beherrschbar ist. Damit erscheint die Forderung von Industrie 4.0 nach Dezentralität in einem ganz anderen Licht: Es geht dabei um intelligentere Prozesse und mehr Entscheidungsfreiheit - Technologie steht erst in zweiter Reihe. In diesem Sinn lässt sich der Weg zur Industrie 4.0 wie folgt nachzeichnen: 1.0 = Dampfmaschine; 2.0 = Förderband; 3.0 = Automatisierung; 4.0 = Dezentralisierung in der Organisation. Bisher steht an vierter Stelle das noch immer nicht endgültig definierte CPS.
Dezentralität in der Organisation
Dezentralität beginnt oftmals in viel kleinerem Maßstab. Im Gegensatz zur immer noch weitverbreiteten hierarchischen Fertigungssteuerung halten immer mehr selbstregelnde Systeme und intelligente Steuerungsmechanismen Einzug in moderne Fabrikhallen. Dabei geht es nicht immer um intelligente Maschinen sondern häufig um intelligente Prozesse und darum, dass die Menschen in der Fertigung mehr Entscheidungsfreiheit bekommen. Der Mensch als flexibles und autonomes Wesen kann sein direktes Arbeitsumfeld sehr gut überblicken und basierend darauf deutlich bessere Entscheidungen treffen als ein zentrales System. Letzteres überblickt zwar die komplette Fabrik, übersieht möglicherweise aber lokale Details oder bewertet diese unzureichend. Dezentralität in der Organisation ist daher so zu verstehen, dass Entscheidungen, die früher zentral getroffen wurden, nun in die jeweiligen Bereiche delegiert werden. Ob ein Mensch diesen Entscheidungsspielraum nutzt oder ein dezentrales IT-System, ist nicht relevant. Funktionieren kann dies erst, wenn alle relevanten Informationen dezentral verfügbar sind. Die lokale Instanz kann diese dann mit eigenen Erkenntnissen anreichern und basierend darauf Entscheidungen treffen.
Materialflüsse dezentral sicherstellen
Ein einfaches Beispiel einer dezentralen und selbstregelnden Anwendung ist Kanban. Zur Erinnerung: Bei Kanban geht es darum, bestimmte Teile nur dann zu fertigen, wenn sie benötigt werden - und dann nur in einer vorgegebenen Menge, so dass keine übermäßigen Bestände aufgebaut werden. Oftmals ist auch vom Pull-Prinzip oder Supermarkt die Rede. In der klassischen Form ist Kanban sogar so dezentral, dass ein zentraler Eingriff das System empfindlich stören würde. Durch die Erweiterung um eine elektronische Komponente werden die Abläufe transparenter und können so mit anderen Prozessen synchronisiert werden. Man spricht dann von eKanban. Der dezentrale Charakter, dass der Auslöser zur Nachproduktion aus dem Feld und nicht aus der zentralen Planung kommt, ist auch bei eKanban ein wichtiges Merkmal und Garant für die Effizienz der Methode. Auch ein modernes Transportmanagement kann dezentral organisiert werden. Hierzu bekommt der Werker an der Maschine beziehungsweise am Arbeitsplatz die Möglichkeit, Transportaufträge zu generieren: zum Beispiel, wenn eine volle Palette abgeholt und eingelagert werden soll. Sobald der Transportauftrag mit Quelle, Ziel und zu transportierender Ware angelegt ist, kann der nächste freie Staplerfahrer diesen reservieren und anschließend durchführen. Auch der Transport von Rohmaterial zu Beginn eines Produktionsauftrags oder die Anlieferung eines Werkzeugs zum Rüsten der Maschine ist mit solch einem dezentralen Ansatz möglich. Durch ein intelligentes Verteilungsverfahren und die Entscheidungsfreiheit der Transporteure wird sichergestellt, dass kein zentraler Eingriff nötig ist. Trotzdem weiß die Zentrale, welche Transporte aktuell durchgeführt werden und welche noch anstehen.
Weniger Aufwand für Planung und Koordination
Sowohl bei eKanban als auch bei einem dezentralen Transportmanagement fällt bei Unternehmen geringer Planungs- und Koordinationsaufwand an, da die beiden Systeme dies per Definition selbst erledigen. Kombiniert man nun eKanban mit einem Transportmanagement, so reduziert sich der Aufwand weiter: Immer dann, wenn ein leerer oder neu befüllter Behälter bewegt werden soll, wird automatisch ein passender Transportauftrag generiert. Dadurch wird gleichzeitig sichergestellt, dass jeder Kanban-Behälter wieder in den richtigen Kreislauf eingespeist wird. Parallel dazu zeigt die eKanban-Tafel den aktuellen Zustand aller Behälter im Kreislauf. Zur Unterstützung können wiederbeschreibbare RFID-Tags verwendet werden, die Informationen über den Kanban-Kreislauf sowie über das Material im Behälter dezentral speichern. Alternativ ist die Kennzeichnung der Behälter mit einem Barcode möglich, wobei alle zugehörigen Informationen zentral im System gespeichert werden. Denkt man das bisher entwickelte Szenario noch einen Schritt weiter, so könnte das Transportmanagement über eine Schnittstelle mit einem führerlosen Transportsystem gekoppelt sein. Dann würden die Transportaufträge dort mittels Routenoptimierung in eine passende Reihenfolge gebracht und automatisch abgearbeitet werden. Alternativ unterstützen mobile Anwendungen den reibungslosen Ablauf und erhöhen die Flexibilität bei der Generierung von Transportaufträgen. So könnte auch mittels einer mobilen App ein Transportauftrag generiert werden, sobald etwa ein Transportmittel ausfällt und die liegengebliebenen Aufträge von einem anderen Transporteur übernommen werden müssen.
Zentrale Synchronisation mit dem Shopfloor-System
Unabhängig von der Anwendung und deren Automatisierungsgrad ist die ständige Synchronisation mit einem zentralen System unabdingbar - einerseits aus Gründen der Übersichlichkeit und andererseits, um kritische Situationen möglichst früh erkennen und nach Möglichkeit umgehen zu können. Ein System, das viele dezentrale Prozesse synchronisieren soll, muss dazu einerseits über ein breites Feld an Informationen verfügen und andererseits echtzeitfähig sein, um die vorhandenen Informationen auch nutzen zu können. Gemäß der VDI-Richtlinie 5600 erfüllt ein Manufacturing Execution System (MES) wie Hydra von MPDV genau diese Anforderungen und eignet sich daher ausgezeichnet als zentrale Informations- und Datendrehscheibe in der Produktion. Das Wissen über die Maschinen und Werkzeuge, das Material, die Aufträge sowie das Fertigungspersonal befähigt ein MES, zentrale Synchronisationsaufgaben zu übernehmen. Andererseits kann ein solches System auch dezentrale Planungsszenarien überwachen und synchronisieren. Schließlich bleibt die Aufgabe, alle in der Fertigung erfassten Daten soweit zu verdichten, dass diese an ein überlagertes Enterprise Resource Planning-System (ERP) zurückgemeldet werden können. Und spätestens hier wird deutlich, dass eine dezentrale Organisation zwar von großem Vorteil sein kann, ab einem gewissen Punkt eine zentrale Instanz jedoch unverzichtbar ist.
Effekte konsequenter Dezentralisierung
Bei vielen dezentralisierten Systemen und Regelkreisen in der Fertigung zeigen sich folgende Effekte:
- • Dezentrale Intelligenz und Entscheidungsfreiheit reduziert sowohl den Planungsaufwand als auch die Komplexität an zentraler Stelle oft deutlich.
- • Wichtig dabei ist die Synchronisation mit einer zentralen Instanz - zum Beispiel mit einer MES-Anwendung.
- • Die eingesetzte Technologie spielt meist eine untergeordnete Rolle und unterstützt lediglich die dezentral organisierten Prozesse.
Nun liegt es an jedem Fertigungsunternehmen selbst, die Ausgangssituation zu analysieren und zu definieren, welche Ziele erreicht werden sollen. Die Einführung einer MES-Lösung als zentrale Informations- und Datendrehscheibe ist in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung - die Umstellung auf dezentral organisierte Abläufe in Fertigung und Intralogistik ein zweiter.
Technologieüberblick
Auch wenn die technische Realisierung dezentraler Prozesse und Abläufe nicht im Fokus der meisten Anwender steht, so lohnt doch ein kurzer Blick auf die zur Verfügung stehenden Technologien:
- • Cyber Physical Systems (CPS) sollen durch die Verbindung der realen Welt mit dem digitalen Abbild der Realität Transparenz schaffen und unterstützen somit die Synchronisation dezentraler Prozesse mit einer zentralen Instanz.
- • RFID (radio-frequency identification) als moderner Vertreter der AutoID-Technologie ist ein ideales Medium zur dezentralen Speicherung von kleinen Datenpaketen und reduzieren so den Kommunikationsaufwand mit zentralen Instanzen. Hierbei ist zu beachten, dass bestimmte Informationen zwingend auch zentral benötigt werden. In diesem Fall gilt es abzuwägen ob eine zentrale oder eine redundante Datenhaltung besser geeignet ist, um die jeweilige Anwendung zu realisieren. In jedem Fall ist RFID eine geeignete Technologie zur eindeutigen Identifizierung von Objekten.
- • Selbstregelnde Systeme oder auch Agentensysteme koordinieren dezentrale Abläufe unter sich und ohne den Bedarf einer zentralen Instanz. Je nach Anwendungsfall kann das nützlich sein. Meist ist aber eine zentrale Synchronisation von Vorteil, im manchen Fällen sogar unumgänglich.
- • Cloud-Computing unterstützt durch eine dezentrale Verfügbarkeit von Diensten und Daten. Beispielsweise können einzelne Funktionen, die zeitlich unkritisch sind, in die Cloud ausgelagert werden. Mit Blick auf verfügbare Bandbreite, Zugriffszeiten und Datensicherheit ist der Einsatz von Cloud-Technologie in jedem Einzelfall zu prüfen.
Auf dem Weg ins Industrie 4.0-Zeitalter stehen Fertigungsunternehmen vor der Herausforderung, die wachsende Komplexität zu bewältigen und gleichzeitig effizienter zu werden. Dezentralität in der Organisation ist hierfür ein zielführender Ansatz. Ohne ein zentrales System zur Synchronisation dezentraler Regelkreise wird das allerdings kaum funktionieren. In seinem Zukunftskonzept MES 4.0 zeigt MPDV Mikrolab, wie Manufacturing Execution Systeme diese Aufgabe übernehmen können.
Mit dem Zukunftskonzept MES 4.0 konsolidiert der Anbieter von Manufacturing Execution-Systemen MPDV aktuelle Anforderungen der Industrie 4.0 an die Fertigungs-IT. Aus den bisher behandelten Handlungsfeldern Mobilität, Flexibilität, Unified Shopfloor Connectivity und Management Support sind bereits praxisnahe Produkte entstanden wie die mobilen Smart MES Applications (SMA), die universelle Maschinenschnittstelle UMCM und die neue Version des Kennzahlensystems MES-Cockpit. Aktuell beschäftigt sich der Anbieter mit dem Handlungsfeld Dezentralität und analysiert dabei unterschiedliche Aspekte mit Blick auf Technologie, Anwendung und Organisation. Seit jeher stehen unter der Überschrift Industrie 4.0 hauptsächlich informationstechnologische Schlagworte wie Cloud Computing, Big Data, Internet der Dinge oder Cyber-Physical Systems (CPS). Unter anderem soll damit ausgedrückt werden, dass Industrie 4.0 für Dezentralisierung steht.
- 1
- 2
- 3
- 4
- 5
- 6
- 7
MPDV Mikrolab GmbH
Dieser Artikel erschien in IT&PRODUCTION April 2015 - 02.04.15.Für weitere Artikel besuchen Sie www.it-production.com